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Was versteht man unter Erhaltungstherapie?

Neben Operation und Chemotherapie ist die Erhaltungstherapie die dritte Säule der Behandlung des Eierstockkrebses in einem fortgeschrittenen Stadium. Eine Erhaltungstherapie kommt nach einer Chemotherapie zum Einsatz. Ziel ist es, den Effekt beziehungsweise die Tumorkontrolle, die mithilfe der Chemotherapie erreicht werden konnte, möglichst lange aufrecht zu erhalten oder zu stabilisieren. So soll die Rückkehr der Krebserkrankung verhindert oder verzögert werden. Eine Erhaltungstherapie erfolgt daher über einen längeren Zeitraum.

Bedeutung und Nutzen einer Erhaltungstherapie bei der Neudiagnose

Die im Rahmen einer Erhaltungstherapie eingesetzten Substanzen sind Teil einer Langzeittherapie nach einer vorangegangenen Chemotherapie. Sie können bessere Behandlungsergebnisse und eine länger andauernde Tumorkontrolle ermöglichen. Eng verknüpft mit einer besseren Symptomkontrolle ist auch eine Stabilisierung der Lebensqualität für die Patientinnen, welche durch die Erhaltungstherapie erreicht werden kann.

Eine Erhaltungstherapie ermöglicht im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung in der Regel keine Heilung des Eierstockkrebses. Sie bietet aber eine Chance, aus einer lebensbedrohlichen Krankheit eine chronische Krankheit zu machen. Patientinnen können dank Erhaltungstherapien länger ohne ein Rezidiv leben.

Welche Optionen der medikamentösen Erhaltungstherapie beim Eierstockkrebs gibt es?

Gegenwärtig stehen zwei Wirkstoffklassen zur medikamentösen Erhaltungstherapie bei Eierstockkrebs zur Verfügung. Einerseits kann eine Therapie mit einem Antikörper (Bevacizumab) erfolgen. Andererseits kommen Medikamente aus der Gruppe der sogenannten PARP-Inhibitoren (PARP-Hemmer) zum Einsatz. In manchen Fällen können beide Formen der Erhaltungstherapie kombiniert werden.

Antikörpertherapie als Erhaltungstherapie

Bei fortgeschrittenem Eierstockkrebs kommt eine Antikörpertherapie mit Bevacizumab in Kombination mit einer Chemotherapie zum Einsatz. Nach Beendigung der Chemotherapie kann die Antikörpertherapie als Erhaltungstherapie für ein Jahr fortgesetzt werden.

Der Antikörper Bevacizumab wird über die Vene verabreicht. Er hemmt einen Wachstumsfaktor, der für die Neubildung von Blutgefäßen entscheidend ist. So bremst der Antikörper die Gefäßneubildung und schneidet den Tumor von der Blutversorgung ab. Sein Wachstum wird dadurch gehemmt.

Mehr Informationen zur Antikörpertherapie finden Sie hier.

Erhaltungstherapie mit einem PARP-Inhibitor

Für eine Erhaltungstherapie mit einem PARP-Inhibitor bei Eierstockkrebs (Ovarialkarzinom) müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Es handelt sich um einen high-grade epithelialen Eierstock-, Eileiter- oder Bauchfellkrebs in einem fortgeschrittenen Stadium (FIGO-Stadien III und IV).
  • Die Erkrankung hat auf eine platinhaltige Erstlinien-Chemotherapie angesprochen. Das heißt, die Chemotherapie muss die Tumorerkrankung erfolgreich kontrolliert haben, sodass keine Anzeichen eines Tumors vorliegen beziehungsweise der Tumor kleiner geworden ist.
  • Darüber hinaus kann es weitere Voraussetzungen geben.

Sind alle Bedingungen erfüllt, kann nach Abschluss der Chemotherapie eine Erhaltungstherapie mit einem PARP-Inhibitor erfolgen.

PARP-Inhibitoren werden in Form von Tabletten oder Kapseln eingenommen. Die Erhaltungstherapie kann mehrere Jahre dauern (2–3).

Wie wirken PARP-Inhibitoren?

Die PARP-Hemmer sind eine vergleichsweise neue Medikamentengruppe. Sie hemmen das Enzym Poly(ADP-Ribose)-Polymerase (PARP), das an der Reparatur von DNA-Schäden beteiligt ist. Bei der DNA (Desoxyribonukleinsäure) handelt es sich um unsere Erbsubstanz. Sie enthält den genetischen Code in Form von zwei Einzelsträngen, die zusammen einen Doppelstrang bilden.

Das PARP-Enzym ist an der Reparatur von Einzelstrangbrüchen beteiligt, die unter anderem durch die Chemotherapie vermehrt verursacht werden. Wird das PARP-Enzym durch die Gabe von PARP-Inhibitoren gehemmt, wird die Reparatur von Einzelstrangbrüchen verhindert. Infolgedessen kommt es vermehrt zu Doppelstrangbrüchen, also kompletten Brüchen der DNA.

Gesunde Zellen verfügen über Mechanismen, um diese Doppelstrangbrüche zu reparieren. Von Bedeutung ist hierbei die sogenannte homologe Rekom­binations­reparatur (HRR). Dadurch können gesunde Zellen überleben. Tumorzellen hingegen weisen bei bestimmten genetischen Veränderungen, wie zum Beispiel Mutationen in den Genen BRCA1 und BRCA2, eine defekte HRR auf. Man spricht dann von einer homologen Rekombinationsdefizienz, kurz HRD. Die Folge: Doppelstrangbrüche können nicht mehr fehlerfrei repariert werden. So führt eine Hemmung des PARP-Enzyms in diesen Zellen zu einer Anhäufung von DNA-Schäden – und letztlich zum Absterben der Tumorzellen.

Wie ein Tisch mit nur zwei Beinen

Die Wirkweise, die hinter der Therapie mit PARP-Inhibitoren steckt, lässt sich anhand eines Tisches verbildlichen. Der Tisch ist in diesem Fall eine Zelle, seine vier Beine stellen verschiedene Reparatur­mechanismen für Schäden an der DNA dar.

  • Ist einer dieser Mechanismen defekt, wie beispielsweise bei einer Krebszelle mit homologer Rekombinationsdefizienz (HRD), steht der Tisch nur auf drei Beinen. Der Tisch wackelt womöglich etwas, fällt aber nicht um – die Krebszelle überlebt.
  • Wird nun aber ein zweites Tischbein gebrochen, kippt der Tisch. Das passiert, wenn medikamentös ein zweiter Reparaturmechanismus, in diesem Fall die Reparatur von Einzelstrangbrüchen, mithilfe des PARP-Inhibitors ausgeschaltet wird – die Krebszelle stirbt.

Gesunden Zellen mit funktionierender homologer Rekombinationsreparatur (HRR) fehlt zwar durch den PARP-Hemmer nun ebenfalls ein Bein – eben jenes, das für die Reparatur der Einzelstrangbrüche zuständig ist. Doch die verbleibenden drei Beine geben ausreichende Stabilität. So überlebt die gesunde Zelle.

Welche Nebenwirkungen können auftreten?

Wie alle medikamentösen Therapien kann auch die Therapie mit einem PARP-Inhibitor Nebenwirkungen hervorrufen. Diese sind jedoch zumeist leicht bis mittelschwer.

Die am häufigsten beobachteten Nebenwirkungen umfassen unter anderem Übelkeit, Erbrechen, Müdigkeit oder Schwäche, Verdauungsprobleme oder Sodbrennen (Dyspepsie), Appetitverlust, Kopfschmerzen, Veränderung des Geschmacksempfindens (Dysgeusie), Schwindelgefühl, Husten, Kurzatmigkeit und Durchfall. Zudem kann es zu Veränderungen des Blutbildes kommen: Abnahme der Anzahl von roten Blutkörperchen (Anämie), Abnahme der Blutplättchenanzahl (Thrombozytopenie) und niedrige Anzahl von weißen Blutkörperchen (Leukopenie oder Neutropenie).

Die vollständige Auflistung möglicher Nebenwirkungen findet sich in der jeweiligen Gebrauchsinformation des Medikaments, die jeder verordneten Packung beigefügt ist.

Quellen: