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Zytostatika zerstören verbliebene Krebszellen

Ist eine Chemotherapie erforderlich?

In aller Regel erhalten Patientinnen nach einer Eierstockkrebs-Operation eine Chemotherapie – selbst dann, wenn bei dem Eingriff der Ausgangstumor und alle sichtbaren Absiedelungen komplett entfernt wurden. Denn gerade Tumoren, die oberflächlich am Eierstock sitzen, neigen dazu, frühzeitig Krebszellen zu streuen, die sich an Darm oder Bauchfell festsetzen und neue Absiedelungen bilden.

Auch wenn der Operateur sehr sorgfältig gearbeitet hat, muss man davon ausgehen, dass sich nach der Operation noch einzelne „versteckte“ Krebszellen im Körper befinden, die einen Rückfall (ein Rezidiv) der Erkrankung bedingen könnten. Daher ist die Chemotherapie nach der Operation die zweite wichtige Behandlungssäule bei Eierstockkrebs. Sie beginnt in der Regel innerhalb von vier bis sechs Wochen nach der Operation und hat zum Ziel, unbemerkt im Körper verbliebene Tumorzellen medikamentös zu zerstören. Nur in sehr frühen Krankheitsstadien kann unter Umständen auf eine Chemotherapie verzichtet werden.

Wirkung auf Zellen, die sich schnell teilen

Bei einer Chemotherapie werden Zytostatika eingesetzt. Diese Substanzen wirken im ganzen Körper und verhindern auf unterschiedliche Art die Zellteilung. Dadurch hemmen sie das Tumorwachstum. Da sich insbesondere Krebszellen rasch und ungebremst teilen, sind Zytostatika hier besonders wirksam. Doch wirken die Medikamente auch auf gesunde Zellen mit hoher Teilungsrate ein, beispielsweise auf Schleimhautzellen, Zellen der Blutbildung und auf Haarwurzelzellen. Deshalb kommt es unter einer Chemotherapie häufig zu Nebenwirkungen. 

Wie wird die Chemotherapie durchgeführt?

Innerhalb von vier bis sechs Wochen nach der Operation sollte mit der Chemotherapie begonnen werden, aber der Start hängt davon ab, wie gut sich die Patientin von der Operation erholt. Die Chemotherapie kann ambulant bei niedergelassenen spezialisierten Ärzten oder in Ambulanzen oder auf Station von Kliniken durchgeführt werden. Die Verabreichung der Chemotherapie erfolgt in mehreren Zyklen: Das bedeutet, dass die Medikamente in bestimmten zeitlichen Abständen wiederholt gegeben werden. Dazwischen liegen Behandlungspausen, in denen sich die Patientin erholen kann. Meist werden die Medikamente in Form einer Lösung in eine Vene infundiert. Über welchen Zeitraum eine Chemotherapie durchgeführt wird, hängt unter anderem davon ab, wie der Tumor auf die Behandlung anspricht und wie die Patientin die Therapie verträgt.

Bei einer Chemotherapie kann entweder ein Wirkstoff verabreicht werden (Ärzte nennen dies „Monochemotherapie“) oder eine Kombination aus verschiedenen zytostatischen Substanzen („Polychemotherapie“).

Zur Auswahl und dem Einsatz der Chemotherapien wurde eine Vielzahl von Studien durchgeführt, um die am besten geeigneten Wirkstoffe für jedes Tumorstadium auswählen zu können. Das Zytostatikum der ersten Wahl bei Eierstockkrebs ist Carboplatin, ein platinhaltiger Wirkstoff. Er verhindert die Zellteilung. Nach der Operation sind in der Regel sechs Therapiezyklen mit Carboplatin notwendig, d. h., das Medikament wird in der Regel sechsmal im Abstand von drei Wochen in Form von Infusionen gegeben. Beim Eierstockkrebs in frühen Stadien reicht oft eine alleinige Behandlung mit Carboplatin aus.

Zu den Nebenwirkungen von Carboplatin können unter anderem Nierenfunktionsstörungen, Übelkeit und Erbrechen, Nerven- und Hörschäden, Blutbildveränderungen sowie Verstopfung oder Durchfall gehören. Haarausfall tritt selten auf.

Ein weiteres platinhaltiges Zytostatikum ist Cisplatin, das die Zellen ebenfalls teilungsunfähig macht und zur Chemotherapie bei Eierstockkrebs verabreicht werden kann. Allerdings verursacht Cisplatin im Vergleich zu Carboplatin häufiger Nebenwirkungen wie Übelkeit und Erbrechen, Veränderungen des Blutbildes, Verstopfung oder Durchfall, Entzündung der Mundschleimhaut u. a. Daher empfehlen Experten, Carboplatin bevorzugt einzusetzen. Carboplatin ist ähnlich wirksam wie Cisplatin, aber in der Regel besser verträglich.

Kombinierte Chemotherapie bei fortgeschrittenem Eierstockkrebs

Das Zytostatikum Paclitaxel gehört zur Gruppe der so genannten Taxane. Paclitaxel stört einen Mechanismus bei der Zellteilung, so dass neu entstandene Zellen sich nicht trennen können. Zum Nebenwirkungsprofil von Paclitaxel können u.a. Veränderungen des Blutbildes, Müdigkeit, Infektionen, Haarausfall, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Entzündung der Mundschleimhaut, Nervenschäden gehören. Bei fortgeschrittenem Eierstockkrebs wird Carboplatin mit Paclitaxel kombiniert.

Viele der erwähnten Nebenwirkungen einer Chemotherapie treten nur vorübergehend auf und können mit anderen Medikamenten oft gelindert werden. Was sich gegen Nebenwirkungen der Chemotherapie tun lässt, beschreiben wir hier.

Weitere Chemotherapeutika

Die oben beschriebenen Substanzen gehören zu den Zytostatika, die bei Eierstockkrebs sehr häufig verabreicht werden. Darüber hinaus wurden in Studien weitere Chemotherapeutika geprüft wie etwa Docetaxel. Wenn Eierstockkrebs nach der Ersttherapie zurückkehrt, können unter bestimmten Voraussetzungen auch pegyliertes liposomales Doxorubicin, Topotecan oder Gemcitabin verabreicht werden. Näheres dazu finden Sie hier.

Die Operation liegt noch nicht lange zurück, da müssen sich die meisten Patientinnen mit Eierstockkrebs bereits mit dem Thema Chemotherapie befassen. Wenn Sie in dieser Situation sind, erstellen Sie am besten eine Liste mit Fragen, die Sie mit Ihrem behandelnden Arzt besprechen möchten. Nehmen Sie die Liste mit in Ihr Arztgespräch, damit Sie alle Ihre Fragen beantwortet bekommen. Hier einige Anregungen:

Zum Thema Chemotherapie halten sich einige Vorurteile und falsche Vorstellungen hartnäckig und sorgen für Verunsicherung. Im Folgenden nehmen wir Stellung zu einigen dieser Mythen.

Icon Haarverlust

Mythos 1: Wenn die Haare nicht ausfallen, wirkt auch die Chemotherapie nicht.
FAKTEN: Haarausfall ist eine häufige Nebenwirkung verschiedener – aber nicht aller – Chemotherapeutika. Und nicht immer ist der Haarausfall gleich stark ausgeprägt. Eine Studie der Arbeitsgemeinschaft gynäkologische Onkologie (AGO) ergab, dass der Haarausfall in keinem Zusammenhang mit dem Überleben steht.

Icon Toxisch

Mythos 2: Medikamente, die bei der Chemotherapie verabreicht werden, sind Gift für den Körper, das durch Ausleiten oder Entgiften wieder entfernt werden muss
FAKTEN: Die Reaktion auf Zytostatika ist von Patient zu Patient sehr unterschiedlich. Ob überhaupt Probleme auftreten und, wenn ja, wie belastend die Nebenwirkungen sein werden, lässt sich nicht sicher vorhersagen.
Die allermeisten Zytostatika bleiben nur wenige Stunden oder höchstens Tage im Körper und werden dann vor allem über die Nieren ausgeschieden. Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr kann die natürliche Ausscheidung unterstützen. Experten warnen jedoch vor so genannten ausleitenden Verfahren wie Diäten oder angeblich „entgiftendem“ Saftfasten oder vor Medikamenten mit entwässernder Wirkung (Diuretika). Der Körper scheidet Zytostatika innerhalb kurzer Zeit von allein wieder aus.

Icon Tablette

Mythos 3: Eine Chemotherapie in Tablettenform ist generell weniger wirksam als eine Chemotherapie, die in Form von Infusionen verabreicht wird.
FAKTEN: Das stimmt nicht. Beide Verabreichungsformen von Chemotherapeutika nimmt der Körper auf. Welche Therapie für den einzelnen Patienten am besten geeignet ist, hängt u. a. von der zugelassenen Darreichungsform ab und soll individuell mit dem Arzt besprochen werden.

Icon Therapiezyklus

Mythos 4: Es kann nur ein Chemotherapiezyklus durchgeführt werden. Danach wirken Zytostatika nicht mehr.
FAKTEN: : Manche Tumoren entwickeln zwar Resistenzen gegenüber den eingesetzten Chemotherapeutika, doch dann kann man oft auf Substanzen mit einem anderen Wirkmechanismus umstellen.
Bei ausreichender Funktion von Nieren und Leber und einer akzeptablen Verträglichkeit gibt es keine Begrenzung der Anzahl von Chemotherapiezyklen. Einige Patientinnen erhalten sogar Langzeittherapien, ohne dass Nebenwirkungen auf das Knochenmark oder andere Organe zunehmen.

Gut informieren, dann entscheiden
Welche Fragen sollte ich dem Arzt stellen?

Zytostatika richten ihre Aktivität nicht nur gegen Krebszellen, sondern auch gegen gesunde Zellen, die sich schnell teilen bzw. gegen besonders schnell wachsende Gewebe. Daher kann die Chemotherapie zu Nebenwirkungen, z. B. an den Schleimhäuten von Mund, Rachen und Verdauungstrakt, oder zu Haarausfall führen. Auch die Blutbildung im Knochenmark kann durch die Chemotherapie beeinträchtigt werden.

Icon Haarverlust

Haarverlust
Die Zellen der Haarwurzeln teilen sich rasch, daher werden sie durch Zytostatika oft geschädigt. Viele Patientinnen verlieren ihr Haar unter der Chemotherapie komplett, doch selbst wenn die Haare vollständig ausgefallen sind, können sie nach einiger Zeit wieder wachsen.

Patientinnen, bei denen ein Haarverlust wahrscheinlich ist, erhalten meist schon vor Beginn der Behandlung vom Arzt ein Rezept für eine Perücke. Die Krankenversicherungen übernehmen in der Regel die Kosten dafür oder leisten zumindest einen Zuschuss. Wer keine Perücke tragen möchte, kann je nach Wunsch auch zu Mützen oder Tüchern greifen. Auch hierbei können Sie Unterstützung bekommen. Sprechen Sie Ihren Arzt oder Ihr Behandlungsteam an.

Icon Blutbildveränderungen

Blutbildveränderungen
Von einer Blutarmut oder Anämie spricht man, wenn zu wenig rote Blutkörperchen (Erythrozyten) vorliegen. Eine Anämie kann durch die Krebserkrankung selbst oder durch die Therapie bedingt sein. Betroffene Patientinnen klagen oft über eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit und zunehmende Müdigkeit. Die Anämie bildet sich in vielen Fällen von allein wieder zurück. Liegt eine sehr starke Leistungsminderung vor, können Bluttransfusionen oder die zusätzliche Gabe vom Wachstumsfaktor Erythropoetin helfen, der die Bildung roter Blutzellen anregt.

Wie sich die Chemotherapie auf weiße Blutkörperchen auswirkt, die für die Immunfunktion verantwortlich sind, wird während der Behandlung sorgfältig überwacht. So können die Ärzte rechtzeitig handeln, bevor das Immunsystem zu stark beeinträchtigt wird.

Nach dem Ende der Chemotherapie erholt sich das Knochenmark normalerweise innerhalb von einigen Wochen. Dauerhafte Einschränkungen sind selten.

Icon Übelkeit

Übelkeit
Nicht alle Zytostatika lösen Erbrechen aus, aber diese Nebenwirkung wird von den Patientinnen besonders gefürchtet. Daher erhalten Patientinnen heute bei Bedarf gleichzeitig mit der Chemotherapie Medikamente zur Unterdrückung von Übelkeit und Erbrechen. Diese wirken vorbeugend am besten und sollen daher nicht erst gegeben werden, wenn bereits Übelkeit eingetreten ist.

Icon Entzündung der Mundschleimhaut

Entzündung der Mundschleimhaut (orale Mukositis)
Zytostatika können auch die Schleimhäute in Mund, Verdauungstrakt und Genitalbereich in Mitleidenschaft ziehen. Vor allem die Mundschleimhaut kann sich unter der Chemotherapie entzünden. In leichten Fällen macht sich dies durch eine Rötung und Schwellung bemerkbar, doch in manchen Fällen bilden sich ausgeprägte Geschwüre, die sehr schmerzhaft sein können.

Wichtig sind eine gründliche, aber schonende Mundhygiene und regelmäßige Mundspülungen. Patientinnen mit Entzündungen der Mundschleimhaut erhalten zudem schmerzstillende und entzündungshemmende Medikamente.

Icon Durchfall und Verstopfung

Durchfall und Verstopfung
Unter einer Chemotherapie kann es immer wieder zu Durchfällen kommen, die mit Medikamenten bekämpft werden können. Wer zu Durchfällen neigt, sollte vorbeugend auf Kaffee, Alkohol, fettreiche Nahrung und stark gewürzte Speisen verzichten. Wie stark der Durchfall ist und wie lange er anhält, ist individuell verschieden und hängt u. a. von der Dauer und Dosis der Therapie ab. Etwa zwei bis drei Wochen nach Therapieende verschwinden die Symptome wieder.

Einige Patientinnen entwickeln unter der Chemotherapie eine Verstopfung, was durch Bewegungsmangel, bestimmte Medikamente, aber auch durch seelische Belastung, Angst und Sorgen ausgelöst sein kann. Vorbeugend helfen körperliche Bewegung, reichliches Trinken (etwa 2 l Flüssigkeit pro Tag) und eine ballaststoffreiche Ernährung mit Vollkornprodukten, Leinsamen und viel frischem Obst und Gemüse.

Icon Nierenschädigung

Nierenschädigung
Manche Chemotherapeutika wie etwa Carboplatin können die Nieren schädigen. Daher kontrollieren die Ärzte während der Chemotherapie die Nierenwerte im Blut, um im Bedarfsfall umgehend reagieren und z. B. die Dosierung der Chemotherapie anpassen zu können, falls sich die Nierenwerte ändern.

Während der Chemotherapie ist es wichtig, viel zu trinken, damit die Nieren gut durchgespült werden.

Icon Nervenschäden

Nervenschäden
Zytostatika wie Carboplatin oder Cisplatin können zu Schädigungen an den Nerven und zu Sensibilitätsstörungen führen und Schmerzen hervorrufen. Patientinnen, die unter der Chemotherapie Missempfindungen wie Taubheitsgefühl, Brennen, Kribbeln oder Schmerzen entwickeln, sollten sich umgehend an den behandelnden Arzt wenden, damit die Chemotherapie angepasst oder abgesetzt wird.

Quellen: