Homologe Rekombinationsdefizienz: Wie läuft ein HRD-Test ab?
Schäden an unserem Erbgut können in der Regel durch spezialisierte Reparaturmechanismen behoben werden. Doch das gelingt nicht immer, sodass Genmutationen entstehen können und das Risiko einer Krebserkrankung steigt.
Einer dieser Mechanismen ist die homologe Rekombinationsreparatur (HRR). Sie ist der wichtigste Mechanismus, wenn es um die Reparatur sogenannter Doppelstrangbrüche geht. Bei dieser Art von DNA-Schaden sind beide Stränge der DNA-Strickleiter beschädigt. Im Gegensatz dazu ist bei Einzelstrangbrüchen nur ein Strang der DNA betroffen.
Kann die homologe Rekombinationsreparatur nicht mehr fehlerfrei arbeiten, spricht man von einer homologen Rekombinationsdefizienz (HRD). Liegt eine HRD vor, kommt eventuell eine zielgerichtete Behandlung des Eierstockkrebses infrage. Ein HRD-Test kann daher bei der Therapieplanung helfen.

Doppelstrangbrüche und genomische Instabilität
Bei einer homologen Rekombinationsdefizienz (HRD) können Doppelstrangbrüche nicht mehr fehlerfrei behoben werden. Als Folge der HRD können sich daher typische DNA-Schäden und Genmutationen in den Zellen anhäufen. Derartige Auffälligkeiten werden als genomische Narben bezeichnet. Durch die HRD wird das Erbgut instabiler, man spricht von genomischer oder genetischer Instabilität. Die Krebsentstehung wird dadurch begünstigt. Auch Eierstockkrebs (Ovarialkarzinom) kann durch eine homologe Rekombinationsdefizienz bedingt sein.
Doch wie kann es dazu kommen, dass der Mechanismus der homologen Rekombinationsreparatur (HRR) nicht funktioniert? Dafür kann es mehrere Gründe geben. Beispielsweise können Gene, die an dieser speziellen Form der DNA-Reparatur beteiligt sind, selbst von Genveränderungen betroffen sein. Genmutationen dieser Art werden HRR-Mutationen genannt. Zu den bekanntesten HRR-Genen zählen beispielsweise die BRCA-Gene.

Eierstockkrebs: Wie häufig sind HRD und BRCA-Mutation?
Bei rund der Hälfte der Patientinnen mit Eierstockkrebs können Schäden am Tumor-Erbgut nachgewiesen werden, die durch eine homologe Rekombinationsdefizienz (HRD) verursacht werden.
Bei etwa 29 % der Patientinnen liegt eine BRCA-Mutation vor.
Und bei etwa 19 % der Patientinnen ist die HRD durch Mutationen in anderen HRR-Genen oder chromosomale Strukturveränderungen verursacht.

Warum eine HRD eine zielgerichtete Therapie ermöglicht
Es gibt jedoch auch eine gute Nachricht: Die Prozesse, die dafür sorgen, dass eine homologe Rekombinationsdefizienz die Krebsentstehung begünstigt, können gleichzeitig auch als Angriffspunkt gegen den Tumor genutzt werden. Der Nachweis einer HRD – oder einer Mutation der BRCA-Gene als eine mögliche Ursache der HRD - kann wichtige Hinweise für eine zielgerichtete Therapie liefern.
Patientinnen mit Eierstockkrebs sollten sich daher von ihrem behandelnden Arzt beraten lassen, ob ein HRD-Test für ihre Therapieplanung sinnvoll ist.
HRD-Test: Wie kann eine homologe Rekombinationsdefizienz nachgewiesen werden?
Für den Nachweis einer homologen Rekombinationsdefizienz (HRD) können verschiedene Ansätze zum Einsatz kommen. Zum einen kann gezielt nach den Ursachen einer HRD gesucht werden – beispielsweise nach Mutationen in den BRCA-Genen. Dies ist durch einen BRCA-Test möglich.
Allerdings kann eine HRD auch durch Veränderungen in weiteren HRR-Genen verursacht werden. Einen anderen Ansatz verfolgt daher der HRD-Test: Er sucht nach den Auswirkungen einer homologen Rekombinationsdefizienz, also nach genomischen Narben sowie nach charakteristischen Veränderungen in der Struktur der Chromosomen. Dabei werden die Auffälligkeiten in Form eines HRD-Scores aufsummiert.
Ein HRD-Test beinhaltet immer auch einen BRCA-Test. Er kann somit mehr Patientinnen mit Eierstockkrebs auffinden, die von einer zielgerichteten Therapie profitieren könnten, als es durch einen alleinigen BRCA-Gentest möglich wäre.
Das Wichtigste zum HRD-Test: Die Fakten auf einen Blick
Für wen kommt ein HRD-Test infrage?
Der HRD-Test für den Nachweis einer homologen Rekombinationsdefizienz kommt für Patientinnen mit Eierstockkrebs infrage, bei denen bestimmte Kriterien erfüllt sind.
Patientinnen mit Eierstockkrebs sollten sich daher von ihrem behandelnden Arzt beraten lassen, ob ein HRD-Test für ihre Therapieplanung sinnvoll ist. Wenn so eine Untersuchung sinnvoll ist, wird die Patientin nach der Aufklärung durch den Arzt gebeten, in die Untersuchung einzuwilligen.

Wie wird der HRD-Test durchgeführt?
Eine homologe Rekombinationsdefizienz lässt sich anhand von Tumorgewebe nachweisen. Die Proben, die dafür erforderlich sind, können während der Operation entnommen werden, bei welcher der Tumor entfernt wird. Das Gewebe wird nach der Operation aufbewahrt. Bei Patientinnen, bei denen der Eingriff bereits erfolgte, kann der Arzt auch im Nachhinein veranlassen, dass eine Probe für den HRD-Test zur Verfügung gestellt wird.
Wann liegt das Ergebnis vor?
Bis das Ergebnis des HRD-Tests vorliegt, kann es 2–3 Wochen dauern.
HRD-Test: Wer übernimmt die Kosten?
Die Kosten des HRD-Tests werden bei Patientinnen mit Eierstockkrebs unter bestimmten Voraussetzungen von den Krankenkassen übernommen. Ob diese vorliegen, kann mit dem Arzt abgeklärt werden.
Was passiert bei einem positiven Testergebnis?
Bei einem positiven Testergebnis – also dem Nachweis einer HRD – kommen für die Patientin eventuell zielgerichtete Behandlungen infrage.
Darüber hinaus kann ein zusätzlicher BRCA-Test sinnvoll sein, der mithilfe einer Blutprobe durchgeführt wird. Denn nur auf diese Weise kann eine Keimbahnmutation sicher nachgewiesen werden. Anhand einer Tumorprobe können zwar sowohl eine BRCA-Keimbahnmutation als auch eine somatische BRCA-Genmutation, das heißt Mutationen ausschließlich in Tumorzellen, festgestellt werden. Es kann jedoch nicht zwischen beiden Mutationsarten unterschieden werden.
Der Nachweis einer BRCA-Keimbahnmutation kann sowohl der Patientin als auch ihren Familienangehörigen wichtige Informationen liefern:
- Bei der Patientin kann eine Keimbahnmutation das Risiko erhöhen, an weiteren Krebsarten zu erkranken. Zu ihnen zählen unter anderem Brustkrebs oder Bauchspeicheldrüsenkrebs. In diesem Fall können gegebenenfalls ausgeweitete Maßnahmen zur Früherkennung und Prävention von Brustkrebs ergriffen werden.
- Da eine BRCA-Keimbahnmutation vererbt werden kann, können auch enge Familienangehörige die Genveränderung und somit ein erhöhtes Erkrankungsrisiko in sich tragen. Eine Abschätzung des genetischen Risikos ermöglicht und unterstützt eine frühzeitige Krebsprävention in Familien mit erhöhtem Krebsrisiko.